Bericht in der Solothurner Zeitung vom 13. Juli 2022:

Tanzend im Klostergarten

Susanna Hofer

Selbst die Bäume beim Eingang zum Kapuzinerkloster Solothurn scheinen tanzen zu wollen. Die mächtigen Wurzeln der beiden riesigen Linden vor dem Portal der ehemaligen Klosterkirche heben die Steinmauer auf ihren Wurzeln in die Höhe; wen wundert's, da in diesem Sommer gleich drei Gruppen im Klostergarten tanzen? "Das Tanzen ist auch eine Begegnung mit sich selber", darin sind sich Markus Schatzmann, Vera Mischler und Marita Rohrer, die alle drei hier Tanzen anbieten, einig.

Vera Mischler schätzt den Garten des ehemaligen Klosters, weil man hier viel Platz hat, der Ort durch die Mauer geschützt ist und man mit den Elementen verbunden sei. Man kann auf dem Rasen barfuss tanzen, die Erde fühlen. "Und manchmal stehen die Sonne und der Mond gleichzeitig am Himmel." Vera Mischler bietet "Nia" an, "das ist ein ganzheitliches Bewegungstraining für Körper, Geist und Seele, durch das man geführt wird." Es enthält und vereint Elemente aus Tanz, Kampfsport und Entspannungstechniken. Auch Agilität und Kraft seien dabei wichtig, erläutert Vera Mischler. Gerade Frauen falle es manchmal schwer, ihre Kraft zu zeigen.

Markus Schatzmann, der die "TanzKiste" führt, erzählt, wie er zu Beginn der Coronazeit in der Stadt herumgefahren ist: "Ich habe Ausschau gehalten nach einem guten Ort zum draussen Tanzen, da es in Innenräumen ja nicht mehr möglich war." So entdeckte er den Klostergarten. Auch er sieht den Garten als einen Kraftort an: "Abends kreuzen hier die Mauersegler umher, und manchmal gibt es schöne Sonnenuntergänge," erzählt Markus Schatzmann begeistert. Die Tänzerinnen und Tänzer in seiner Gruppe setzen sich nach einem gemeinsamen Einstieg Kopfhörer auf: "So ist man mehr bei sich." Wie früher zeitweise bei den Mönchen im Kloster wird in seinem Tanzen geschwiegen, da das eine ganz eigene Atmosphäre erzeuge. Gegen die dreissig Leute kommen jeweils zur "TanzKiste". Die Musik ist sehr vielseitig, von Klassik bis zu Techno liegt alles drin. "Meist beginnt die Musik weich, wird dann eckiger… ich will möglichst verschiedene Musik spielen."

Marita Rohrer ihrerseits bietet hier im Kloster "rendez vous"- Tanzen an. Nach dem Tanzen kann man auch zu Mittag essen im Kloster. Die älteste Tänzerin ist 83 Jahre alt, und wie bei allen drei Gruppen werden keine Kenntnisse vorausgesetzt. "Da die Wiese hier nicht eben ist, wird die Balance gefördert und damit wirkt man, vor allem bei älteren Menschen, Stürzen entgegen." Sie spielt auch mal alte Schlager ab, wie etwas von Caterina Valente. Bei Regen kann man auch im Kreuzgang tanzen. "Es ist still hier, obwohl man fast mitten in der Stadt ist, und man spürt das Göttliche," sagt Rohrer.

Markus Schatzmann vergleicht das Tanzen mit Meditation. Auch dort spüre man manchmal Widerstände, und es lohne sich, diese auszuhalten. Oft tanze man nur, was man kenne; hier versuche man, auch unbekanntes Terrain zu erobern. Vera Mischler drückt es so aus: "Hier ist ein Widerstand, und hier ist Gold vergraben." Hemmungen hätten viele zu Beginn, und es gelte, diese zu überwinden.

Mehr Informationen zu den Tanzanlässen unter:
www.schatzmanns-tanzkiste; www.verania.ch; maritaelisarohrer.ch